Der Atari 600 XL von 1983. (Bild: René Achter)
,

Vom Atari bis zum Amiga – Die pure Lust am Spielen

Avatar von Paul Hartmann

Lesedauer: 4 Minuten

Atari 600 XL

Anfang der Achtzigerjahre hatte ich mein komplettes Sparbuch für Computer, Diskettenlaufwerk und zwei Spiele (Dig Dug und Pole Position) für den brandneuen Atari 600 XL auf Null gesetzt. Ich kannte den 600er zwar schon aus Fachzeitschriften, wie der Happy Computer, aber das tolle Teil sollte doch erst Anfang nächstes Jahr erscheinen und im November/Dezember stand das Wunderding in Mannheim im Kaufhof!

Hatte sich das Schwänzen der Steuervorlesung an der FH, endlich einmal gelohnt. Und es waren noch ZWEI vorhanden. Der Kumpel und jeder, der mit auf Exkursion und nicht schnell genug geflüchtet war, MUSSTE mir etwas leihen. Mein irrer Blick war einfach zu überzeugend und schon fand eine Anzahlung statt. Den Rest erledigte danach das arme Sparbuch, welches dann nur noch ein Ex- Sparbuch war.

Sooo eine schöne Optik und verdammt handlich. Einfach Liebe auf den ersten Bit. 

Man hatte nun den Rolls-Royce der Spielekonsolen mit Computer vor allen anderen bemittleidenswerten traurigen Nerd-Geschöpfen. 

Har Har, man war Fantomas und Bondbösewicht in einer Person, die sexy Schönheiten konnten kommen.

Und man hatte 16 Kilobyte (jawoll), damit konnte man Apollo-Raketen steuern. 

16 sind nicht genug

Das Hochgefühl wurde aber schnell getrübt, man benötigte die Speicherweiterung auf 64 Kilobyte (man wollte ja schließlich 4 Apollo- Raketen simultan steuern), die Weltherrschaft war nahe. 

Aber das Ganze sah nun gar nicht mehr so kompakt und so stylisch aus. Damit konnte man keine sexy Schönheit locken und ohne, machte auch die Weltherrschaft, auch wenig Sinn.

Es gab aber einfach so tolle Arcadeumsetzungen auf Modul und Disc und ja, alle Level waren nun endlich vorhanden und nicht nur 3 von 4 wie bei Coleco oder NES. 

Was brauchte man Frauen und die Welt, man konnte Fullstoff arcademäßig gamblen!

Ein großer Cooler war, dass die Software die ersten Jahre absolut nicht kopierbar war – Verzweifelung pur, daher kam dann ein… C64 – gleich mehr dazu.

Atari 800 XL

Der Atari 800 XL von 1984. (Bild: René Achter)
Der Atari 800 XL von 1984. (Bild: René Achter)

Vierfacher Speicher und gigantische 64 Kilobyte, aber das Teil verstieß gegen die Optik, zu tief und zu unhandlich. Ich wollte meinen schönen 600er zurück. Aber es gab ja dann zum Glück, den

Atari 130 XE

Der Atari 130 XE von 1985. (Bild: René Achter)
Der Atari 130 XE von 1985. (Bild: René Achter)

Ein wunderschönes Teil, aber einiges funktionierte durch die weitere Speicherverdoppelung auf 128 Kilobyte nun nicht mehr und die Tastenumbelegung nervte. Was hatte ich da nur gekauft, zum Glück hatte ich noch den 800 XL behalten, uff!

Commodore 64

Der Commodore 64 von 1982. (Bild: René Achter)
Der Commodore 64 von 1982. (Bild: René Achter)

Alles lief und man bekam an wirklich jeder Ecke Spielenachschub. Hatte das Gerät mit Floppy bei einem kleinen Händler in Lampertheim gekauft, inkl. Diskette mit kopierten Games.

Manchmal hatte man sogar schon VOR Marktstart kopierte Games und man konnte mit einem Kopierprogramm viele Originale duplizieren. Man kaufte ein Game, kopierte und teilte durch drei. Ganz unverschämte kauften, kopierten, gaben zurück holten ein anderes und kopierten wieder. Dennoch war man permanent klamm, denn immer gab es zusätzliche Games, die man unbedingt spielen wollte.

Disketten waren ebenfalls IMMER Mangelware, obwohl man die Dinger am Rand fleißig lochte, umdrehte und so doppelten Platz hatte. Half aber auch nix, man bekam sofort wieder Spielenachschub.

Ein Brotkasten war auch deutlich hübscher als der C64. Und es gab KEINE Reset-Taste – Jawohl! 

C128

Deutlich schöner als der graue häßliche Brotkasten und mit Reset (oh Wunder der Technik) aber Anfangs auch ziemlich sinnlos, da erst nach und nach einige Programme/Spiele dafür kamen, die den doppelten Speicher nutzten und da war auch schon auf dem Markt…

C128D

Eine herrliche Ordnung, das Laufwerk war nun eingebaut und so schön stylisch und man fühlte sich glücklich und erhaben, wie in der damals unbezahlbaren PC-Welt …aber schwupps, nun war das Gerät schon wieder veraltet.

Atari ST 520/1040

Der Atari 1040 ST von 1986. (Bild: René Achter)
Der Atari 1040 ST von 1986. (Bild: René Achter)

Ein vollwertiger Computer und ein Quantensprung bei Grafik, Games und Anwendungen.

Ja es gab sogar, die von Apple gerüchteweise gehörte Computermaus!  Man fühlte sich wie bei der NASA, ein gottgleiches Gefühl. Kaum war man glücklich und zufrieden, kam auch schon der böse…

Amiga 500

Der Amiga 500 Plus von 1992. (Bild: René Achter)
Der Amiga 500 Plus von 1992. (Bild: René Achter)

War der Atari ST schon evolutionär, brachte der Amiga einen Stereosound  der einem die Ohren wegblies und Bards Tale mit Sprachausgabe, ein Wahnsinn und Dungeon Master, man war im Olymp angekommen und ach ja! Programme ohne Ende – ein neues Zeitalter war angebrochen, doch dann kam die Götterdämmerung und der Stress… 

Alle 14 Tage Freitags 18:00-19:00 Uhr, Anruf vom befreundeten Computerdealer „neue Software ist da, 40 Mäuse bitte!“. Meist 100 Disks und Zeit bis 21:30 Uhr, denn dann hat sie der Kumpel abgeholt und sich mit 20 DM daran beteiligt. 

Man war über JEDE Textverarbeitung und jede Tabellenkalkulation heilfroh, denn das Zeug musste man nicht ansehen oder kopieren, aber es blieben immer noch 80 bis 120 3,5 Zoll Disketten und die Zeit tickte und der Amiga kopierte…

Ansehen, kopieren, Etiketten auf Schreibmaschine für die Disks tippen… Mist brauche schon wieder neue Etiketten, wo sind die denn nur alle hin und natürlich noch MEHR Disketten, viel viel mehr Disketten und auch neue Diskettenboxen – Nachschub, Nachschub – und wieviele Boxen kann ich übereinander stapeln? 

Etiketten, Disks, Boxen oder doch lieber tanken? Ohne tanken kann ich nicht einkaufen fahren, aber wenn ich tanke, kann ich nicht genügend Disketten kaufen – Argh! Stress! 

Wo ist die Gummizelle? Denn der Verrückte nebenan, hat schon wieder neue Spiele gebracht…

Amiga 1000

So viel schöner und doppelter Speicher – juhu es ist wie im Schlaraffenland!

Nein! Das Lieblingsgame Archon lief nicht mehr – was zur Hölle? Man brauchte dafür ein Programm um den Speicher zu halbieren(!), das aber gerade erst programmiert wurde. Ja geht der Wahnsinn, denn weiter?

Amiga 2000

Mit Metalleinschub, so super stylisch und so schön aufgeräumt. 

Mittlerweile lief auch die Speicherhalbierung und man konnte Dank Archon, dem  ekelpaketigen Kumpel endlich wieder mit seinen Einhörnern, Drachen, Rittern und  Magiern virtuell eins auf auf die Nase hauen – Jippie! 

Aber nun hatte auch die letzte Motte, den schwindsüchtigen Geldbeutel verlassen. 

Alles zusammen war schweineteuer. Ein Metallgehäuse nur um den Amiga einzuschieben und dann einen Monitor darauf stellen zu können und lediglich ein Stück Blech mit Löchern, kostete knapp 200 DM(!). Aber es war ja so schön PC-like. Man musste gestorben sein, denn das konnte doch nur der Himmel sein…

Da meldete sich auch schon die Etage darunter, denn das wars auch schon und die PC‘s haben nun alles plattgewalzt.

Adieu du toll-verrückte unkomplizierte wunderschöne Atari-Amiga Welt, in der man sich bestens auskannte.

Nun hieß es DOS und Windows und kaum etwas lief zusammen und neue Grafikkarten, gefolgt von weiteren neuen Grafikkarten und neuen Monitoren und und und.

„ICH WILL meinen Amiga zurück“ so hört man es heute noch aus den Tiefen der Dungeon-Labyrinthe wispern…

Über die Bilder in diesem Beitrag

Alle Bilder in diesem Beitrag (außer die Abbildung von Archon; diese stammt von Paul Hartmann) wurden von René Achter erstellt. Wir bedanken uns ausdrücklich, die wunderbaren Renderings von René verwenden zu dürfen. Weitere Bilder von ihm könnte ihr hier anschauen.

ChrisAndré EymannMichaelFranz ZwerschinaTobi

Avatar von Paul Hartmann

9 Beiträge


Beitrag als PDF downloaden

This page as PDF


Mitmachen!

Wenn dir unsere Beiträge gefallen, überlege doch bitte ob du unseren Blog fördern kannst. Videospielgeschichten lebt durch Unterstützung. Durch deine Hilfe stellst du sicher, dass unsere Webseite weiterleben kann und die unabhängige, ehrliche und authentische Medienwelt bunt bleibt!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

6 Antworten zu „Vom Atari bis zum Amiga – Die pure Lust am Spielen“

  1. Avatar von Michael

    Ach wie schön, Paul! Ich liebe deine Beiträge hier. Immer mit einem Quäntchen Humor gewürzt :). Zwar habe ich nie einen Atari oder Amiga besessen, kann mich aber gut an die Zeiten erinnern, als ich mit großen Augen eine Demo des Atari 1040 ST sah, bei der eine große Eule in für mich beeindruckender Größe butterweich (zumindest in meiner Erinnerung) über den Bildschirm flog. Ich habe hier einen Link dazu gefunden. Wie ich heute feststellen muss, handelte es sich wohl gar nicht um eine Eule, sondern um einen Kakadu ;).

    Tobi
  2. Avatar von Daniel

    Auch von mir ein herzliches Dankeschön für diesen Artikel. Allerdings kann ich ihn nicht so richtig einordnen: soll das ein allgemeiner Rückblick auf die Sturm- und Drangzeit der Homecomputer sein oder hat der Autor diese Modelle alle besessen…?
    Was ist die Intention des Artikels?
    Amigagrüße! 🙂

    Tobi
    1. Avatar von Paul Hartmann
      Paul Hartmann

      Hallo Daniel, ich habe mit dem Verkauf der Geräte immer wieder die Anschaffung der neuen Computer finanziert und wurde dadurch nicht immer glücklicher.

      So war z.B. der Atari 130 XE zwar ein wunderschönes Teil, aber leider für mich ziemlich sinnbefreit und brachte keinerlei Verbesserung außer der Optik.

      Dieses Spiel habe ich verrückterweise ebenfalls mit dem C64 und dem Amiga getrieben. Mit meinem Atari ST war ich komischerweise von Anfang an zufrieden.

      Mein überaus liebevoll und ironischer gemeinter Artikel soll den „Wahnsinn“ dieser Periode nachvollziehen. Es war immer meine Sehnsucht, ein neues Gerät auszupacken und anzuschließen, bis man dann bemerkte, dass man nie Schritt halten konnte und als man endlich alle Wunschgeräte beisammen hatte, wurden diese vom PC ersetzt, den ich dann als rückständig wahrnahm.

      Als Fazit habe ich dann realisiert, dass es zwar immer auch Verbesserungen gab, aber eben nicht alles besser war 😉

      So war der C128D von Commodore ein stylischer Traum, aber eigentlich nur der C64 mit doppeltem, weitgehend nutzlosem Speicher und eingebauter Floppy, aber doch so herrlich anzusehen…

      Heute sind alle Geräte dahingeschieden und wurden durch einige Konsolen ersetzt.

      Es war eine schöne Zeit, an die ich mich gerne erinnere und meine Erinnerungen möchte ich auf humorvolle Art teilen, denn der Ernst des Lebens kann nur durch ein Lachen besiegt werden.

      MichaelTobi
  3. Avatar von Tobi

    Danke für diesen wunderbaren Rückblick, Paul! Mir fällt gerade wieder einmal auf, wie wunderschön und eigenständig im Design die alten Kisten doch alle waren. Ich hatte zwar lange nicht so viele Geräte, aber kann immerhin bei deiner Amigazeit mitreden. An der habe ich auch lange festgehalten, gesellte sich doch erst im Jahr 2001 ein PC zu meinem Amiga 1200. Tatsächlich hatte ich einige Originalspiele für den Amiga und hab da ziemlich viel Geld versenkt. Kopien gab’s natürlich auch und irgendwann löste bei mir RattleCopy das gute, alte XCopy ab. Die Pacman Version davon, bei der man während des Kopiervorgangs – na klar – Pacman spielen konnte, kennt vielleicht auch noch jemand. An manchen Tagen finde ich es schade, dass ich alles verkauft habe, aber wohin damit und wann nutzen? Daher finde ich Beiträge, wie deiner es ist, persönlich ganz wunderbar, um in schönen Erinnerungen zu schwelgen. Was wir hatten, das hatten wir. Und es war eine sehr schöne Zeit. Vielen Dank für deinen Beitrag, Paul.

    MichaelAndré Eymann
    1. Avatar von Paul Hartmann
      Paul Hartmann

      Hallo Tobi, ja es ist sehr schade, dass man sich von seinen Schätzen getrennt hat. Aber ein Gerät finanzierte halt das nächste und die schönen Original Spiele gingen halt ebenfalls mit. Unvergessen sind für mich z.B. Archon für Amiga mit seiner wundervollen Anleitung.

      Am wehmütigsten vermisse ich überraschenderweise meinen Atari XL und hier besonders den 600er und 1300er. Es waren für mich wunderschön designte und zuverlässige Begleiter.

      Die Spiele kamen in Schachteln so groß wie ein Telefonbuch und das Modul passte in eine Handfläche 🙂 Besonders Dig Dug, Pole Position, Joust und Moon Patrol sind unvergessen für mich und ich bewahrte diese sogar noch Jahrzehnte nach dem Verkauf der Geräte auf, ich hatte mich einfach nicht von ihnen trennen können.

      Anders als heute verfügten Computer oder Videospiele über bebilderte Anleitungen und waren oftmals kleine Kunstwerke, die man sehr gerne immer wieder in die Hand nahm und darin schmökerte. Wer z.B. Warcraft I und II für PC kannte, weiß was ich meine.

      Auch die Zeit, als man von Datasette auf Floppy umstieg, wird jedem unvergessen sein. Oder die schweißtreibende Aktion, wenn man den geliebten Amiga samt Monitor zum Kumpel schleppte um Populous gegeneinander zu spielen 😉

      Von allen Games sind für mich unvergessen:

      Rainbow Walker für Atari XL,
      Summer Games für C64,
      Rogue für Atari ST und
      Archon für Amiga

      Es waren herrlich unkomplizierte Zeiten und jedes gekaufte Spiel war einem quasi ans Herz gewachsen.

      MichaelTobiAndré Eymann
    2. Avatar von André Eymann

      wie wunderschön und eigenständig im Design die alten Kisten doch alle waren

      Das kann ich nur unterstreichen Tobi. Ich liebe es, wie sich die Merkmal der Heimcomputer unterschieden haben. Auch finde ich es toll, wie sie den Zeitgeist spiegeln. Zu meiner Sammlung gehören nur noch C64 und Atari 800 XL. Wobei letzterer aus Design-Sicht einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen hat. Einfach eine wunderschöne Maschine.

      MichaelTobi