Wann setzt das Retro-Gefühl ein?

Avatar von André Eymann
Lesedauer: 2 Minuten

Neulich abends bei Twitter: der Videospiele-Spezialist und Blogger Stephan Ricken aka brotkastenblog postet ein Foto von Acclaims Turok-Stand auf der Games Convention 2002. Über das Bild schreibt er den Satz: »Ist das jetzt schon Retro?!«.

Der Stein des Anstoßes: „brotkastenblog“ stellt die ultimative Frage. (Bild: Andre Eymann)
Der Stein des Anstoßes: „brotkastenblog“ stellt die ultimative Frage. (Bild: Andre Eymann)

Der Kollege von „Spielkritik“ greift die Frage auf und nur wenige Minuten später beginnt ein lebhafter Meinungsaustausch. Dieser Beitrag soll euch anregen, eure eigene Meinung in den Kommentaren zu posten. Denn wahrscheinlich hat sich fast jeder Games- oder Retrocomputing-Liebhaber schon einmal die Frage „Ist das jetzt schon Retro?!“ gestellt.

Es folgt die chronologische Abschrift der Twitter-Diskussion vom 18. Mai 2016.

Das Gespräch beginnt um kurz vor 22 Uhr …

brotkastenblog (21:47 Uhr), fragt in seinem Tweet:
»Ist das jetzt schon Retro?!«

Spielkritik (21:52 Uhr):
»Ich würd sagen ja – Generation PS2/Xbox/GCN fühlt sich mittlerweile schon retro an.«

brotkastenblog (21:55 Uhr):
»ja, dem würde ich zustimmen. Geht mir auch so, wenn ich die alte Xbox anschließe.«

Spielkritik (21:58 Uhr):
»Beim Nintendo DS hab ich das Retro-Gefühl zum Beispiel noch nicht… Also dort irgendwo ist für mich die Retro-Grenze… ^^«

VSG (22:03 Uhr):
»das ist eine gute Frage: wann setzt das Retro-Gefühl ein?«

Andreas Wanda (22:09 Uhr):
»Beginnt Retro wenn die Geräte aus den Läden verschwunden sind?«

brotkastenblog (22:10 Uhr):
»…oder wenn man den Umgang mit ihnen erst wieder lernen muss?! ;)«

Andreas Wanda (22:11 Uhr):
»Oder beginnt Retro weil Geräte auf Flohmärkten wieder auftauchen?«

Andreas Wanda (22:13Uhr):
»Gefühlt ist Retro ein Wiedererkennen eines/r guten Freundes/in«

Spielkritik (22:14 Uhr):
»…von dem man fast vergessen hatte, wie er aussah. ;)«

Ravetracer (22:15 Uhr):
»Retro ist ein Lebensgefühl… ein sehr gutes!«

Spielkritik (22:17 Uhr):
»Große Rolle spielt imo, ob man fragliches Game/Konsole schon damals kannte und man sich beim Spielen „zurückerinnert“ oder erst Jahre später kennenlernt, „unbekannte Vergangenheit“ kennenlernt.«

Andreas Wanda (22:19 Uhr):
»Stimmt, zB die Mega Drive kann mir nichts nostalgisches geben aber wie spannend, alte Technik dann neu entdecken zu können.«

Spielkritik (22:21 Uhr):
»Ja, gibt aber imo einen Unterschied zwischen Nostalgie und Retro. Kannte damals zB nur das N64 – spiele ich heute PS1/Saturn fühlt sich das noch ferner an, zugleich aber neu. „Anders“ retro.«

Andreas Wanda (22:30 Uhr):
»Retro ist auch ein sich Einlassen auf „alte“ Technik, deren Merkmale heute technisch unterirdisch, aber deren Benutzererlebnis ungebrochen gut geblieben ist. Man merkt bei Retro also, wie man seine Sinne für etwas schärft das der aktuelle Markt gar nicht mehr erfassen kann.«

Spielkritik (22:37 Uhr):
»Nicht nur Technik – auch „veraltete“ Präsentation, Spielmechanik.«

Digi Saurier (00:16 Uhr):
»für uns ist das Retro-Gefühl auch wichtig im Bezug auf Aktuelles schließlich steckt in aller IT ja ne Retro-Wurzel :)«

Christian Spanik (00:18 Uhr):
»Retro ist auch Zukunft – so sehen wir das.«

Beteiligte: brotkastenblog @brotkastenblog, Spielkritik @spielkritik, VSG @vsg_de, Andreas Wanda @obiwandiDE, Ravetracer @ravetracer, Digi Saurier @digisaurier und Christian Spanik @christianspanik.

Diskutiere mit uns!

„Wann ist Retro?“ Einfache Frage, schwierige Antwort! Vermutlich kann jeder für sich definieren, wann etwas „retro“ ist. Aber gibt es auch einen allgemeinen Maßstab? Etwas, auf das wir uns alle einigen können?

Was ist Deine Meinung? Wann setzt für Dich das Retro-Gefühl ein? Schreibe es uns in die Kommentare!

Tobi

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24 Antworten zu „Wann setzt das Retro-Gefühl ein?“

  1. Avatar von Sven

    Da der Beitrag eben noch einmal geteilt worden ist, kommentiere ich hier mal, weil ich das ganz interessant finde. 😀

    Ich glaube nicht, dass sich eine klare Linie zwischen „Retro“ und „Nicht-Retro“ ziehen lässt. Einerseits empfinde ich die PlayStation 2 inzwischen als Retro, viele Spiele, die man darauf spielen kann, aber nicht.

    Beipflichten möchte ich allerdings beim „Wiederentdecken“. Ich kann mich immer wieder dafür begeistern, sehen zu können, wie es damals gewesen ist, was möglich war und was sich geändert hat. Ich gehe noch einen Schritt weiter und entdecke auch immer noch sehr viele Dinge komplett neu. Schließlich habe ich viele Spiele, Computer und Konsolen gar nicht miterlebt. So alt bin ich noch nicht. Das ist dann besonders interessant.

    Was ich mich aber schon seit einiger Zeit frage, ist, ob es Dinge geben wird, die niemals „Retro“ werden. Werden wir irgendwann auch die aktuellen Spiele als „Retro“ bezeichnen und wird das dann dem Begriff überhaupt gerecht, wenn wir ein Battlefield V mit einem Super Mario Bros. in eine Schublade werfen?

  2. Avatar von Binary Scroll

    Wenn ich für mich definieren würde, was Videospiele „Retro“ macht, unabhängig von Nostalgie, so ist für mich vor allem der Grad ausschlaggebend, in der Spiele aufgrund technischer Limitierungen von ihrer Gestaltung her von dem abweichen müssen, was man allgemein als realistisch auffasst.

    So gut wie alle Spiele bis zur 16-Bit Ära waren in 2D gehalten und hatten Pixelart als Grafik, da sich 3D entweder gar nicht oder nur sehr krude darstellen ließ. Musik wurde lange Zeit als Chiptune oder mit stark komprimierten Samples realisiert, da man keine richtigen Aufnahmen in CD-Qualität abrufen konnte. Moderne Spiele hingegen sind in der Lage, annähernd photorealistische Charaktere und Umgebungen darzustellen und mit jeder Musik zu untermalen, die man heute produzieren kann.

    Die Grenze zwischen Retro und Modern ist natürlich auch mit dieser Definition schwer zu definieren. Ab wann konnten Spiele die Realität überzeugend genug darstellen? Mit Sicherheit nicht zu Super Nintendo und Sega Mega Drive Zeiten. Bei der ersten PlayStation wird es schon schwieriger. Deren darstellbare Polygone und Auflösung wird heute wohl kaum jemanden mehr als photorealistisch überzeugen. Und doch hat ein Resident Evil echt wirkende vorgerenderte Hintergründe, ein Gran Turismo 2 realistisch dargestellte Fahrzeuge und ein Final Fantasy VIII ein mit Chor und Orchester untermaltes Intro und per Motion Capturing animierte Charaktere. Hier findet also bereits der Übergang statt, doch oft nur bezogen auf einige wenige Elemente. Für mich „verrät“ der Mix dann doch die technischen Limitierungen, spätestens wenn ein 3D Charakter aus Polygonen die Bühne betritt.

    Ganz klar nicht mehr Retro sind für mich spätestens Spiele des HD Zeitalters, da einige Titel bereits anfangen wie Filme auszusehen (Uncharted, Heavenly Sword). Doch würde ich den Beginn der Moderne tatsächlich schon auf die PlayStation 2 Ära setzen, da viele Portierungen und Remasters (in denen oft ja nicht mehr gemacht wird als detaillierter Texturen einzusetzen), die man auf der PS3 oder PS4 erhält, optisch gar nicht so stark neben Neuprodukten herausstechen. Ein Resident Evil 4 HD mag besser aussehen als sein GameCube Ursprung, aber ein radikaler Unterschied besteht da für mich nicht. Zumindest nicht so radikal wie die in Megal Gear Solid 1 Grafik gerenderte Szene in Metal Gear Solid 4.

    Laut meiner Definition gäbe es also eine Retro Ära, die bis zur PSX/Saturn/N64 Ära anhielt und so nicht mehr wiederkommen kann, da seit geraumer Zeit Systeme im Handel sind, die annähernd realistische Grafik darstellen können. Und wie sieht es mit aktuellen Spielen aus, die mit Pixel Look und Chiptune Soundtrack daherkommen? Die wählen ihre Ästhetik bewusst so, obwohl sie keine technische Limiterung dazu zwingt (gut, bei Indies ist die Limitierung zum Teil auch eine finanzielle). Der Clou an Retrospielen ist, das deren durch technische Beschränkungen erzwungene Präsentation ihren eigenen Charme hat, und vor allem eine dem Medium eigene Ästhetik hervorgebracht hat (im Gegensatz zu vielen AAA Spielen von heute, die immer mehr wie Filme und weniger wie Videospiele aussehen). Ich denke genau diese Ästhetik feiern Spiele wie Undertale oder Minecraft, ohne zwangsläufig auf Nostalgiewellen reiten zu wollen. Es handelt sich nicht um Spiele aus der Retro Ära, aber um welche, die deren Ästhetik als bewusstes Stilmittel gewählt haben.

    Entsprechend würde ich auch unterschreiben, dass diese Art von Retro ausschließlich auf Spiele anzuwenden sind. Bücher können die Realität heutzutage nicht wesentlich besser beschreiben als früher, Filme konnten schon immer Schauspieler und Umgebungen mehr oder minder originalgetreu abfilmen.

  3. Avatar von Lenny
    Lenny

    Nachdem ich nun alle Kommentare durchgelesen habe, ist mir vor allem eine essenzielle Sache hängen geblieben. Retro ist etwas persönliches. Retro verbindet man immer mit dem Einstieg in die Videospiele. Wobei ich mir dann die Frage stelle, gilt das auch für andere Medien? Ich würde für mich die erste Generation von Pokémon als Retro bezeichnen, den ersten Harry Potter-Roman, der ja nun auch 20 Jahre alt ist, aber irgendwie nicht? Ist Retro etwas was nur den Videospielen eigen ist.

    Zwei andere Aspekte sind zum einen für mich der Gedanke an „bessere Zeiten“. Stichwort Plug’n’Play, früher waren Entwickler noch an Spielen interessiert usw. Manches ist sicherlich wahr. Was sehne ich mich nach einfach zocken zurück, ohne Updates, Internetverbindung und dem ganzen Kram. Anderes wiederum ist vielleicht auch nur mit einem nostalgisch verklärten Gefühl zu erklären.
    Der zweite Aspekt sind Errungenschaften wie die Virtual Console oder PS1-Spiele im PSN-Store. Ganz persönlich werden Spiele damit zu Retro.

    Letztes Jahr habe ich zum ersten Mal FF5 auf der PS3 als Download gespielt und obwohl es ein nagelneues Spiel für mich war, hatte ich trotzdem Retrogefühle. Retro ist also nicht nur Zeitabhängig.

  4. Avatar von Pixelfanatic

    Die Frage „Was ist Retro“ muss wohl jeder für sich beantworten. Um bei mir das „Retro-Gefühl“ zu Wecken muss die entsprechende Sache nicht unbedingt nur ein bestimmtes Alter erreicht haben, denn eine PS2 ist für mich in 10 Jahren wahrscheinlich genauso wenig retro wie jetzt – sie muss eher auch mit anderen schönen Erinnerungen verknüpfbar sein.

    Atari, C64, MegaDrive, Gameboy – all das ist für mich Retro – bei der PS1 hört es dann allerdings schon wieder auf. Sega Saturn und Dreamcast sind für mich hingegen wieder retro, obwohl sie genauso alt bzw. sogar jünger als die PS1 sind und ich beide Geräte nicht besaß – die PS1 hingegen schon (allerdings recht spät). Der Grund ist recht einfach: Ich bin ein Sega-Kind, somit verknüpfe ich viele Kindheitserinnerungen mit dem MegaDrive bzw. natürlich auch direkt mit Sega, was die Formel für „mein“ Retro ‚Alter+Erinnerungen=Retro‘ bestätigt 😉

    Recht geben muss ich @G33kdating im Bezug auf alte Sachen heute nochmal erleben: Man kann sich da schon so manch Erinnerung kaputt machen. Das mit Golden Axe kann ich jedoch nicht nachvollziehen, denn das spiele ich heute genauso gern in coop mit meinen Kindern wie damals mit Freunden. Bei Serien, welche ich damals als Kind unglaublich cool fand, ist mir dies schon passiert – Knight Rider zum Beispiel……

    Apropos Kinder (Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich nun anhöre wie ein 90-jähriger Pensionist):
    Ich fürchte, dass meine Kinder (8 und 12 Jahre) in meinem Alter nicht mit den gleichen, nostalgischen Gefühlen in ihre Videospielvergangenheit sehen werden wie wir das tun, denn zu Beginn der Videospielära in den 70ern (gut, das war vor meiner Zeit), 80ern und 90ern war Videospielen noch ein ganz anderes Gefühl – alles war neu und nicht so selbstverständlich wie heute. Ich bin froh, dass ich in dieser schönen Zeit aufwachsen durfte.

    1. Avatar von André Eymann

      Danke für Deinen Kommentar!

      Den Punkt mit den Kindern würde ich gern aufgreifen. Meine sind noch keine 7 Jahre alt und wir spielen bisher nur wenige Videospiele. Einfache Retrosachen (C64, Atari oder All-In-One Joysticks) halt und das auch nur begrenzt. Ich glaube aber schon, dass sie nostalgische Gefühle in der Rückschau haben werden. Warum sollten sie nicht? Manche Spiele („Seawulf“ oder „H.E.R.O.“ auf dem C64 bsp.) haben schon jetzt einen großen Eindruck hinterlassen.

      Und wenn ich mir die Blogs, Twitter oder die VSG Community anschaue, dann ist es eindeutig, dass der „Nachwuchs“ schwer auf Achse ist, wenn es um Erinnerungen geht. Die nostalgischen Gefühle wachsen mit und auch für diese Kinder ist jedes erstes Mal das erste Mal 😉 Deshalb werden die Geschichten weitergehen und die Kids von heute später ganz sicher mit warmen Gefühlen an „The Last Guardian“, „Dark Souls“ oder „Pokemon Go“ zurückdenken.

  5. Avatar von Andreas Wanda

    Sehr schöne Darstellungen und Überlegungen, mienosss und AlmightyPhi! André ergänzt diesen wichtigen Begriff der „eigenen Zeitrechnung”: für mich ist Chris Butlers Ghosts N Goblins auf dem C64 aus dem Jahre 1986 noch immer ein liebgewonnener Zeitvertreib aber auch noch „aktuell”. Selbstverständlich ist dann auch eine PS1, XBox oder ein Intellivision für viele ein „aktuelles“ System.

    Zum einen verabschiedet man sich im Laufe seines Lebens von seinem Lieblingsteddy und auch seiner Spielekonsole, so habe ich es bei vielen Freunden erlebt. Die sind in ihrer „Entwicklung“ dann mehr oder weniger dort stehen geblieben. Zum anderen vefolgt man weiterhin die Computer- und Videospielszene, zieht seine Lieblingsspiele von einst gerne mit (ein Level Ghost N Goblins geht immer), aber verarbeitet stetig den unbestreitbaren Fortschritt: was einst nur ein Ladeschirm sein konnte, ist tatsächliches Gameplay, unfassbar, wenn man dies mit seiner Happy Computer-Sammlung unterm Polster vergleicht. Und dieser „Vergleich”, das Wissen, etwas vergleichen zu könnnen und durch erkennbare Unterschiede neues Wissen zu erlangen, das ist eine der Grundfaszinationen der Retroszene.

    Der Moment, etwas neues erfahren zu haben durch die Gegenüberstellung von „einst“ und dem modernen Download-Code in der übergroßen Schachtel ist auch ein Moment, da sich das Retro-Gefühl einstellt. Es ist nicht, dass alles besser war, sondern wir haben hier ein inklusives Verständnis von Unterhaltungskultur, das Freundschaften über die ganze Welt verzahnt ermöglicht, weil wir alle voneinander lernen könenn.

    Bin ich persönlich beispielsweise begeistert, wie die PS4 Shadows of the Beast-Neuauflage aussieht? Zweifelsohne. Aber ich staune auch heute noch, wie butterweich Psygnosis‘ Klassiker auf dem Amiga daherkam, auf dem doch so manches öfters ruckelte.

    Umgekehrt lerne ich von famosen Blogs / Podcast wie iknowyourgame.de, nerdshit.de oder natürlich unseren geliebten videospielgeschichten.de bei jedem Besuch etwas Neues dazu, was mein Verständnis erweitert, und zwar bezogen sowohl auf „einst” aber und vor allem auch auf das „Morgen“.

    „Retro” ist so gesehen auch und für mich sogar vor allem – ganz abseits einer neutralen, sachlichen Definition von „Retro” – das eine, echte „Retro”-Gefühl, dass ich von Euch wunderbaren Menschen jeden Tag Neues lerne, das ich nicht erlebt habe. Vielen Dank, liebe Retrographen!

  6. Avatar von André Eymann

    Bestimmt ist auch das erste Spiel oder das erste System ein guter Gradmesser. Immerhin beginnt dort die „eigene Zeitrechnung“. Es ist wahrscheinlich nicht verkehrt, wenn ich behaupte, dass man die ersten Spielerfahrungen nicht vergisst. Zwar hat man danach unzählige andere Titel gezockt, aber diese werden die frühesten Spielmomente nicht verdrängen. Da ich die PS2 erst sehr spät kennengelernt habe, ist sie für mich interessanterweise auch gar nicht Retro. Als Retro würde ich eher DOS-Spiele (bsp. Commander Keen usw.) bezeichnen. Die PS2 empfinde ich eher als ein „modernes“ System, weil ich sie erst 2004 gekauft habe 😉

  7. Avatar von André Eymann

    Vielen Dank für Deinen Kommentar!

    Das eigene Alter ist bestimmt ein wichtiger „Filter“ in Bezug auf die Wahrnehmung was Retro ist, oder was nicht. Ich bin bsp. 1971 geboren und habe die allerersten Spielkonsolen und Heimcomputer miterlebt.

    Aber wenn ich gestern wieder einmal „The Legend of Zelda: The Minish Cap“ gespielt habe, fühlt sich auch das für mich sehr Retro an. Dabei ist das Spiel von 2004. Na ja, auch schon wieder 12 Jahre her… 😉

  8. Avatar von @mienosss

    Ich glaube die Grenze kann jeder nur für sich selber ziehen. Alles aus 8-bit und 16-bit Zeiten ist für mich sowieso Retro.. aber alles danach hängt vom Alter ab denke ich. Ich bin Mitte der 90er geboren, daher sind für mich SNES, NES, oder PlayStation One zwar Retro, die PS2 aber auf keinen Fall. Das war doch erst kürzlich 😀

    Ein anderer Punkt ist allerdings vermutlich wie weit das Spiel in der persönlichen Geschichte zurückliegt. Einige meiner absoluten Favoriten sind aus PS1 Zeiten, allerdings spiele ich sie so oft, dass es für mich kein Retro-Feeling ist, sondern „ganz normal“.

    Aber sehr schöne, interessante Frage 🙂

  9. Avatar von @AlmightyPhi

    Wirklich eine sehr interessante Frage. Und am Anfang war ich fast ein wenig geschockt, dass die Generation rund um die PS2 bei einigen schon als Retro aufgefasst wird. Dann bin ich in mich gegangen und bin mir selbst klar geworden, dass ich gar nicht weiß, ab wann ich für mich Retro ausmache.

    Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich noch ein junger Hüpfer bin mit meinen 24 Lenzen. Daher war für mich bisher die Definition von Retro schlichtweg all das, was ich noch nicht aktuell miterlebt habe. Ich habe zwar auch zu Beginn auf einem Gameboy gespielt, war mir damals schon bewusst, dass dieser eben „alt“ ist. Mit der PlayStation war ich dann aber auch voll dabei und rund rum ausgestattet mit den folgenden Generationen.

    Wenn ich nun für mich festlegen müsste, auf welcher Stufe der Konsolen-Generationen sich momentan das Retro-Monster befindet, würde ich es wohl auf die der PlayStation stellen. Mir persönlich kommt die PS2 immer noch zu jung vor. Aber vielleicht nenne ich auch die PS, weil diese meine damals erste (aktuelle) Konsole war?

  10. Avatar von gamer83.de

    Zuerst mal… GOLDEN AXE! Krass wie es da eine alte Schublade öffnet!

    Zur Diskussion an sich… Retro zu definieren ist ziemlich schwer!

    Ich spreche grundsätzlich von Retro, wenn ein Spiel über 15 Jahre alt ist. Hab da so eine festgesetzte Jahreszahl, wie Oldtimer im KFZ-Bereich mit den Nummernschildern.

  11. Avatar von @HooliNerd
    @HooliNerd

    „Retro“ im Bezug auf Videospiele definiert wohl jeder anders. Für mich muss ein Spiel noch nicht einmal alt sein um „retro“ zu sein. Es reicht für mich schon, wenn dieses Spiel nicht mehr zur Gewohnheit gewordene Gameplay Mechaniken und optische Stilmittel verwendet. (Shovel Knight und Papers Please sind gute Beispiele)

    Bei AAA Games würde ich sagen, dass man ein Videospiel als Retrotitel im Jahr 2016 bezeichnen kann, wenn es 2 Konsolengenerationen alt ist.

  12. Avatar von David Lightman

    Für mich ist Retro einfach der Ort, an den ich mich zurückziehen kann – gedanklich wie auch physisch. Diese Website gehört auch dazu 🙂

  13. Avatar von André Eymann

    Tolles Video! Ein wunderbares Beispiel dafür, wie der Besuch eines Ortes eine Erinnerungen auslösen kann. In diesem Fall eine Erinnerung an den C64 bzw. den Amiga und die damit verbundene Pionierzeit der Computerindustrie in Deutschland. Danke, dass Du Deine Erinnerungen mit uns geteilst hast Christian!

  14. Avatar von @christianspanik
    @christianspanik

    „Es reicht schon ein Ort, den man wieder besucht. Plötzlich ist Retro da.“ Ging mir so auf der @DigiSaurier Radreise 2015″ hatte ich getwittert. Und schon kam die Frage: was ist da passiert. Naja – es war einfach alles wieder da. Wie es anfing. Mit meinem Unverständnis und Hannes Spaß an der Technologie. Zusammen waren wir ein gutes Team. Am besten das Video gucken. Da sag ich, was ich meine – in unserem alten Schulhof…

    https://youtu.be/arVAEQNApQY

    Und hier embedded: wenn das geht 😉

  15. Avatar von André Eymann

    Vielen Dank Andreas für Deinen interessanten Kommentar! Das Thema ist tatsächlich vielschichtig und hier wurden bereits viele spannende Facetten angesprochen. Eines ist aber schon jetzt klar geworden: man kann die Definition von „Retro“ bzw. die Frage nach den Retro-Gefühlen nicht in einem Satz abhandeln. Retro ist eben nicht nur „rückwärts“, sondern ganz sicher auch „vorwärts“.

    Deine Artikel stellen für mich eine besondere Aufarbeitung mit den großen Klassikern dar. Sie bringen mich beim Lesen immer wieder auf neue Gedanken, weil Du Dinge einbringst, die ich vorher nicht gesehen habe. Auch dafür ein dickes Dankeschön!

  16. Avatar von Andreas Wanda

    Fantastische Kommentare, eine wunderbare und doch essentielle Diskussion auf dem Weg zu „einer” Retro-Definition. Zwei Punkt sind mir hier als Schlüsselbegriffe aufgefallen, „Spielspaß” und „Nostalgie”. Ich messe Retro eine wichtige kulturhistorische Bedeutung zu und möchte diesen Ansatz gegenüber diesen genannten Elementen schärfen.

    „Spielspaß” stellt eine messbare Qualität dar, von der sich das Niveau eines Designs, einer Mechanik etc. eines Spiels oder einer Konsole ableiten lassen. Dieser Maßstab ist daher als ein Grundpfeiler der Retroszene zu sehen, in guter wie in schlechter Weise: von beidem kann viel gelernt und mitgenommen werden, der archivarische, analytische Ansatz steht daher dazu in keinem Widerspruch; im Gegenteil, ohne Spielspaß wäre Retro nicht möglich, Computer- und Videospiele aollten daher nicht vollkommen akademisiert werden, was dann tatsächlich im Widerspruch zum Medium Computer- und Videospiel stünde. Danke an @g33kdating für diese Anmerkung zum Spielspaß.

    „Nostalgie” sehe ich als lebhaften, aber nicht sinngebenden Kontext der Retroszene. Medien sprechen gerne von nostalgischen Gefühlen, als seien diese die Begründung von Retro. Meine Artikel bei videospielgeschichten.de sind bewusst zum Teil nostalgisch schraffiert, ohme die „heile” Welt von „damals” bemühen zu wollen, sondern über das Mittel der gemässigten erzählerischen Übertreibung verlorene Aspekte des gesellschsftlichen Lebens aufzuzeigen, ohne besondere Wertung. „Nostalgisch” ist die Erinnerung, zwischen „Green Beret” und der WM 1986 hin- und herzappt zu haben: das kann man so nicht nochmals erleben. „Green Beret” aber als Spieletitel zu erfassen, seine Qualitäten durch aktives Nachspielen direkt erleben zu können, verstehe ich als „Retro”.

    Spiele werden von Menschen für Menschen gemacht und obwohl heute große mächtige Konzernlogos auf den Packungen oder eher den Online-Stores herunterstarren, so ist die bewusste Aufzeichnung des gessellschaftlichen Umgangs mit Spielen und deren Plattformen eine Schlüsselaufgabe der Retroszene, eine Aufarbeitung der Beziehungen zwischen Menschen, Technologie und Unterhaltung, die ich mit meiner Wortschöpfung „Retrografie” passend betitelt sehen würde.

    Danke nochmals an André für diese Bearbeitung und Fortführung der wichtigen Auseinandersetzung mit dem, was Retro ist und sein wird.

  17. Avatar von Thomas aus Köln
    Thomas aus Köln

    Ich habe den Gameboy Emulator. Mich Reizt die Technik wie man minimal die Grafik herunterdrehen kann. Dann gibt es Spiele die einen fesseln. Es gibt keine Ablenkung, man ist voll auf das Spiel konzentriert.

    Tetris (Type B/5), Loopz, Dr. Mario
    Bei andren sind es bestimmt die Fantasy Rollenspiele

    Auf den Tablet zum Spielen von Gameboy spielen vermisse ich die Hardware Knöpfe. Gespielt wird immer mit Shader. Das die Grafik glättet. Als echte Gameboy wäre mir die Grafik unterirdisch.

  18. Avatar von Stephan Ricken

    In der Twitter-Diskussion und vor allem dann auch hier in den Kommentaren wurden schon viele interessante und unterschiedliche Aspekte benannt, die das Hobby Retrogaming/Retrocomputing ausmachen.

    Das von @g33kdating geschilderte Erlebnis Golden Axe ist absolut nachvollziehbar – es gibt halt Spiele, die deutlich schlechter gealtert sind als andere. Das lässt sich also auch nicht an der Plattform oder dem Erscheinungsjahr festmachen. Klassiker wie Blue Max oder Paradroid auf dem C-64 kann ich auch heute noch ohne Einschränkung beim Spielspaß zocken. Natürlich nicht für Stunden – aber diese Spiele habe ich auch damals ja nicht stundenlang gespielt.

    Was das Medium Computerspiel für das Nacherleben halt auch so interessant macht, sind zwei technische Aspekte – zum einen bekommt man so gut wie jedes Spiel, egal auf welcher alten Plattform, mit vergleichsweise wenig Aufwand auf jedem modernen Computer mittels Emulation zum Laufen und auch für die Originalhardware gibt es moderne Zusätze, mit denen sich eine ganze Software-Bibliothek vorhalten und durchstöbern und das Bildsignal auf jedes moderne Display zaubern lässt.

    Zum anderen, und den Aspekt finde ich nicht minder wichtig, spielt die MODifizierbarkeit des Medium Computerspiel eine immense Rolle. Mitunter sind MODs ja sogar der Grund dafür, manch altes Spiel nach vielen Jahren noch einmal zu erleben. Mir fällt hier zum Beispiel System Shock 2 ein, dass Dank der Modszene im Vergleich zu aktuellen Spielen natürlich immer noch veraltet ausschaut, aber dafür immer noch gut genug, dass ich das Spiel vor einigen Monaten wirklich noch mal komplett von vorn bis hinten durchgespielt habe. Das Retrofeeling kommt da ja dennoch auf, wenn ich die Audiologs höre und mich dunkel erinnere an „damals“.

    Ich denke, je besser man eine Plattform und deren technische Möglichkeiten sowie Beschränkungen kennt, desto mehr Freude kann man am Retrohobby haben. Wenn ich aktuelle Demos auf dem C-64 nehme und zum einen weiß, auf welcher Hardware das gezeigte gerade läuft und mir zum anderen vor Augen halten kann, was damals in den 80er Jahren so das Höchste der Gefühle auf dem Brotkasten war, dann ist das ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Weil ich einen irren Respekt bekomme – nicht nur vor den Machern dieser Demos, sondern vielmehr vor den Machern des C64, die damals eine Maschine geschaffen haben, von der sie vermutlich selber nicht mal im Ansatz ahnen konnten, wozu sie in der Lage ist und das sich auch 34 Jahre später immer noch eine eingeschworene Szene mit ihr auseinandersetzt und noch mehr aus ihr herausholt.

    Das ist ein unglaublich befriedigendes Gefühl. Beständigkeit eben. 🙂

  19. Avatar von André Eymann

    Für mich setzt das Retro-Gefühl immer wieder ein, weil ich ständig vergangene Spiele neu entdecke. Und interessanterweise muss es hier nicht zwangsläufig um „Jahre“ gehen. Schon PS3 Spiele über die nicht mehr gesprochen wird (weil sie kommerziell „ausgeschlachtet“ sind) wecken in mir Retro-Gefühle. Wer erinnert sich heute schon noch an „Two Worlds“ oder „Saboteur“?

    Jedenfalls hat Retro für mich nicht nur etwas mit der Kindheit zu tun. Und schon gar nicht mit „aufgewärmten“ Gefühlen. Sicher mag das auch daran liegen, dass wir mit VSG Spielerlebnisse zu etwas neuem erwecken. Unsere Texte sind aktuell und leben im Jetzt. Somit lebt auch Retro für mich in der Gegenwart.

    Alte, oder sagen wir lieber vergangene Spiele sind ein Zeitzeugnis, das uns auf so vielen Ebenen etwas lehrt. Sie erzählen Geschichten über die Spielkultur, Technologie, Gesellschaft, Kunst und tausend Details mehr. Für mich ist jeder neue Artikel eine Entdeckung. Und jedes Mal wieder freue ich mich über etwas neues und probiere erwähnte Spiele aus und erfreue mich ihrer Kunst.

    Wie es schon „Digi Saurier“ in der Twitter-Diskussion schrieb: Retro ist auch Zukunft – so sehe ich das auch.

  20. Avatar von @g33kdating

    @polygonien: Das ist ein sehr (!) guter Punkt, den ich noch nicht bedacht hatte. War damals tatsächlich auf der Wii. Die Retro-Erinnerungen kommen aber vom Amiga 500 🙂

    @obiwandiDE: Interessante Idee, an das Retro-Feeling mit deinem beschriebenen archivarischen Ansatz heranzugehen. Gefällt mir und das wird sicher wichtig in Zukunft (ich freu mich meinen Kids einmal meine Games vorzustellen).

    Ein Gedanke bleibt mir aber: Wo ist der Spielspaß bei diesem Ansatz? In meinem beschriebenen Beispiel waren wir ganz klar darauf aus, diesen „Spaß“ den wir als Kinder hatten zu wiederholen… und der hat uns eben gefehlt. Hätten wir einen mehr analytischen, archivarischen Ansatz damals gewählt, wären wir sicher nicht so enttäuscht gewesen.

    Übrigens, ich möchte mich am liebsten ab jetzt „Retro-Graf“ nennen… haha

  21. Avatar von Andreas Wanda

    Die Beschreibung des Golden Axe-Revivals ist treffend geschrieben. Spielemechaniken von einst, da ein Side-Scroller noch als das große Abenteuer durchging, wirken mitunter sehr einschränkend, ist man heute zweifellos weiterentwickelte Designs gewohnt. Aber genau diese Erfahrung, das Erkennen, wie mit heute unvorstellbaren Einschränkungen verhältnismäßig Großes geschaffen werden konnte, ist des Retrografen Kern.

    Ich denke, Retro ist nicht die mitunter ernüchternde Nostalgie, sondern ein praktisches Erleben von gesellschaftlichen Strukturen, Riten, Technik, Programmier- und Kunsthandwerk, wie auch Marktentwicklung und Mediengeschichte. Retro kann somit als eine archivarische Tätigkeit verstanden werden.
    Bedenkt man, dass in der nicht zu fernen Zukunft vormals weitverbreitete Speichermedien nicht mehr abgespielt werden können, schon heute CDs und DVDs in der Langzeitspeicherung versagen, so ist Retro in der Computer- und Videospielebranche ein Bilderbuchbeispiel der Wahrung und Pflege eines kultur- und gesellschaftsgeschichtlichen Phänomens.

  22. Avatar von @polygonien

    Keine Ahnung, welche Version ihr gespielt habt (vielleicht war es ja schlecht emuliert), aber ich finde, dass Golden Axe noch heute super spielbar ist und geübte Spieler sehr wohl wissen, wo sie die Feinde treffen müssen etc. 😉

  23. Avatar von @g33kdating
    @g33kdating

    Interessante Frage! MMn ist „Retro“ zu einem große Teil wirklich nur das aufgewärmte Gefühl, dass man damals empfunden hat… und das ist schön.

    Sollte man allerdings diese Gefühl wieder erlebbar machen, geht das schnell mal in die Hose. Beispiel: Kumpel & Ich, Couch-Coop-Session, ein paar Hopfen-Smoothies… Irgendwann kam (wie eig. immer) das Thema Games-Klassiker, also entschlossen wir uns auf einen spontan Kauf: Golden Axe.

    Damals der Hammer, endlose Wochenenden mit Freunden gezockt, tolle Erinnerungen (die Goblins, die Mounts.. damals mind-blowing).

    Heute: miese, „sluggish“ Steuerung, Trefferzonen quasi nicht existent bzw. Glückssache usw. Nach 20 Minuten war der Spaß vorbei…

    Ich liebe Golden Axe immer noch, aber ab jetzt habe ich immer dieses „Geiles Spiel, aber…“ Gefühl in mir. Vorher war es nur „Geiles Spiel“.

    Daraus gelernt habe ich, dass man Retro manchmal Retro sein lassen soll und sich an dem Gefühl freuen, anstatt zu versuchen es zu wiederholen.

    my 2 cents 🙂

    PS: Gibt auch Ausnahmen, das orig. Mario vs Luigi (Battle Arena) ist immer noch Hammer… wobei, eig. auch nur die SNES Version und nicht das Original.. Also Retro-vom Retro-Feeling.. oder wie man da jetzt sagen müsste *am Kopf kratz*