Atari History, Teil 4 – Die Fans fragen, Klaus Ollmann antwortet

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Lesedauer: 10 Minuten

Jeder, der sich wie wir ernsthaft mit klassischen Videospielen beschäftigt, ist natürlich auch immer auf der Suche nach Informationen aus dieser faszinierenden Zeit. Besonders über die Deutsche Geschichte finden man heute kaum mehr brauchbare Quellen. Schon gar nicht aus erster Hand. Dank der umfangreichen Mitarbeit von Klaus Ollmann konnten wir hier in den letzten Jahren endlich ein wenig Abhilfe schaffen.

Dabei haben die vielen positiven Reaktionen gezeigt, dass ein Großteil unserer Leser gerne noch etwas mehr aus der „Goldenen Ära der Atari-Videospiele“ erfahren möchte. Unser dritter Beitrag beinhaltete zuletzt ein sehr umfangreiches Interview mit dem ehemaligen Atari-Manager. Doch ab sofort stellen nicht mehr wir die Fragen, sondern die Fans selbst.

Deshalb wurde euer Feedback gesammelt, ausgewertet und direkt an Herrn Ollmann zur Beantwortung weitergeleitet. Herr Ollmann hat versucht, alles so weit wie möglich zu beantworten. Das Ergebnis ist ein neuer spannender Artikel, gefüllt mit zahlreichen Details über die glorreichen Jahre von Atari in Deutschland.

Wir bedanken uns herzlich für die großartige Unterstützung und wünschen nun viel Spaß bei dem vierten Teil unserer Atari-History-Reihe.

Text von Klaus Ollmann, Oktober 2005

Hat Herr Ollmann auch irgendwelche bekannten Programmierer von Atari, beispielsweise die späteren Gründer von Activision, persönlich kennengelernt?

Ich habe bei meinen vielen Aufenthalten in der Zentrale von Atari in Sunnyvale jedes Mal auch die Entwicklungsabteilung besucht und mit Programmierern Smalltalk gemacht. Mir fiel auf, dass sie einen extrem lässigen Arbeitsstil pflegten, nicht in den üblichen Großraumbüros arbeiteten und jeder sich sein Büro nach eigenem Gusto einrichten durften. Der ganze Bereich war sehr extravagant mit Spielautomaten überall, mir fielen die Berge von leeren Pizzaschachteln und die Mülltonnen voller Getränkedosen auf.

Soweit ich weiß, wurde dort Tag und Nacht gearbeitet, denn jeder ging und kam, wann er wollte. Programmierer waren die heiligen Kühe des Unternehmens, denn von ihnen hing der Erfolg des Unternehmens ab. Das hinderte das Unternehmen nicht daran, auch extern nach auswertbaren Spielideen zu forschen.

Die ehemalige Atari-Zentrale in Sunnyvale an der südlichen Spitze der San Francisco Bay im US-Bundesstaat Kalifornien. (Bild: Atari)
Die ehemalige Atari-Zentrale in Sunnyvale an der südlichen Spitze der San Francisco Bay im US-Bundesstaat Kalifornien. (Bild: Atari)
Der Atari Manager Klaus Ollmann Mitte der 1980er Jahre in seinem Hamburger Büro. (Bild: Klaus Ollmann)
Der Atari Manager Klaus Ollmann Mitte der 1980er Jahre in seinem Hamburger Büro. (Bild: Klaus Ollmann)

Ich hörte erst bei der Gründung von Activision davon, dass Programmierer die Firma verlassen hatten. Es schien mir logisch, dass erfolgreiche Programmierer das Unternehmen verließen, um ihre Entwicklungen selbst zu vermarkten.

Atari hatte weltweit eine einzigartige Marktbasis von Millionen Grundgeräten geschaffen, die nach Softwareversorgung schrieen und die paar Intellivisions oder was es da sonst noch gab, waren ja auch nicht zu verachten. Das alles konnte erheblich mehr Geld bringen, als Atari jemals zu zahlen bereit war.

Weiß Herr Ollmann wo Atari seine Werke (weltweit) hatte und waren diese Werke im Besitz oder haben sie im Auftrag produziert?

Atari hatte keine eigenen Werke für Grundgeräte. Die wurden zuerst in den USA dann in Puerto Rico und später in Hongkong gebaut. 1983 sollte ich diese Werke in Hongkong besuchen, hatte aber keine Lust, soweit zu reisen (ich musste sowieso alle zwei Wochen nach San Francisco) und habe stattdessen Hans-Ueli Hasler geschickt. Soweit ich weiß, wurden Spielkassetten auch in einem eigenen Werk in Irland gefertigt.

Wir bekamen alle Produkte ob VCS-Grundgeräte, Spiele, PCs und PC-Spielkassetten grundsätzlich auf der Basis einer Jahresplanung, mussten die Stückzahlen vorab planen und bekamen meist nicht mehr, als geplant, weil die Nachfrage riesig war. Erst nach dem Desasterwinter von 1983, als in den USA ein Großteil der mit vollem Rückgaberecht in die Weihnachtssaison verkaufte Grundgeräte und Kassetten zurückfloss, gab es Überfluss, den die Welt aber nicht mehr für die USA abverkaufen konnte.

Atari Deutschland war damals weltweit die erfolgreichste Atari-Tochter, aber die Übernahme durch Jack Tramiel hat alle Aktivitäten dann abrupt gestoppt.

Ein Atari Helicopter über New York. Das Management der Firma wollte zu den Sternen greifen. (Bild: Atari)
Ein Atari-Helicopter über New York. Das Management der Firma wollte nach den Sternen greifen. (Bild: Atari)

Wie viele Mitarbeiter hatte Atari Deutschland zu dieser Zeit?

Mir liegen noch einige Zahlen vor per Ende 1984, also kurz vor dem Desaster:

 BeneluxFranceGermanyItalyJapanUK
Anzahl Mitarbeiter2556872213104
davon Verkäufer721366433
Umsatz (netto, TSD USD)8.45723.34836.6859.3022.38829.670
Vergleich der Atari Mitarbeiter über die Länder. (Bild: André Eymann)
Vergleich der Atari-Mitarbeiter über die Länder. (Bild: André Eymann)
Vergleich des Atari Umsatzes über die Länder. (Bild: André Eymann)
Vergleich des Atari-Umsatzes über die Länder. (Bild: André Eymann)

Wurde jemals überlegt, Hardware oder Software auch in Deutschland zu produzieren?

Kann ich leider nicht sagen. Halte es aber für extrem unwahrscheinlich wegen der spätestens heute im Rahmen der Globalisierung evident gewordenen extrem hohen Personalkosten im Vergleich mit Fernost oder damals noch mit Irland. Nein, darüber wurde nie ernsthaft nachgedacht.

Welche Aktivitäten hat Atari bei ihren Wettbewerben gestartet? Stichworte: Pac-Man oder Centipede-Meisterschaft.

Das Problem bei diesen Fragen ist für mich, dass man immer der Meinung ist, ein Geschäftsführer müsste alles bis auf die kleinsten Details eines Unternehmens kennen.

Das ist schlicht nicht machbar. Wenn er alles kennen würde, bräuchte er ja nur noch ausführende Mitarbeiter, die seine Anweisungen befolgen. Tatsache ist, dass je größer und komplexer ein Unternehmen, umso mehr wird die direkte Verantwortung für Bereiche delegiert an Manager, die dafür verantwortlich sind, und der Geschäftsführer kontrolliert lediglich die Ausführung und den angestrebten Erfolg.

Die Verantwortung für die Atari-Meisterschaften, ihre Planung, Koordination und Ausführung lag bei Hans-Ueli Hasler, einem mir bereits aus meiner Zeit als WEA-Musik-Geschäftsführer bekannten Schweizer aus Zürich, den ich nach Hamburg holte und ihm die Verantwortung für Marketing und Produkt übertrug. Ich war lediglich bei der Atari-Centipede-Weltmeisterschaft 1983 in München anwesend.

Als Band hatten wir Klaus Doldinger und PASSPORT engagiert, die mir von WEA Musik bekannt waren. Ich glaube mich zu erinnern, dass Michael Schanze auftrat und von mir ein Atari-VCS-Spiel überreicht bekam. Und Reden musste ich auch halten, aber man nehme es mir bitte nicht übel, dass ich mich nach mehr als 25 Jahren nicht mehr genau an alles erinnere.

Gab es besondere Ereignisse auf den Messen, auf denen Atari ausstellte?

Das Atari VCS. Werbung aus einem Atari Katalog von 1982. (Bild: Atari)
Das Atari VCS. Werbung aus einem Atari Katalog von 1982. (Bild: Atari)

Ich habe bereits berichtet über Treffen mit Steve Ross, dem Chef von Warner Communications, oder mit Steven Spielberg, dem Regisseur. Die Atari-Messen waren grundsätzlich bestimmt durch Reihen von Spielmöglichkeiten, die unablässig in Dreierreihen von Fans belagert waren, um zu spielen. Im ersten Stock der Stände waren Besprechungsräume, in denen sich Einkäufer der Kunden mit unseren Verkäufern trafen, um ihre Messeaufträge zu platzieren.

Beeindruckend, aber extrem stupide waren unsere Versuche damals, dem Fachhandel gegenüber konditions- und servicetreu zu sein. Wir hatten noch nicht erkannt, dass die Zeit des beratungsintensiven Fachhandels vorbei und die Zeit der großen Märkte wie beispielsweise Media-Markt, Saturn, Schaulandt, Metro usw. gekommen war.

Ich habe es tatsächlich geschafft, einen eingehenden VCS-Auftrag über 20-Tausend Spiele, dies entsprach einem Einkaufswert von mehr als 3 Millionen DM, für Metro abzulehnen. Weniger, weil die Preise unattraktiv waren (man war bereit Listenpreise zu zahlen), sondern weil die Geräte unterhalb des empfohlenen Verkaufspreises angeboten werden sollten. In der Fachzeitschrift Markt & Technik wurde ich laufend persönlich angegriffen, weil Atari Produkte zu Kampfpreisen angeboten wurden.

Man veröffentlichte meine Privatadresse und Telefonnummer für frustrierte Händler und es wurde mir laufend unterstellt, ich hätte Sonderpreise gemacht. Das brauchten wir aber gar nicht, weil uns das Produkt aus den Händen gerissen wurde. Wir brauchten auch bis zum Ende von Atari und meinem Rückzug keine besonderen Rückgaberechte zum Herbstgeschäft einzuräumen. Was immer in den Markt floss, wurde verkauft. Kein Wunder, während Atari in den USA bereits mehr als 26 % der Marktabdeckung erreicht hatte, man war uns zwei Jahre voraus, lagen wir bei ca. 12 % Marktabdeckung. Es gab noch viel zu verkaufen.

Mich beeindruckt heute, wie sklavisch wir versuchten, dem traditionellen Fachhandel Pfründe zu sichern (ohne dass uns das je gedankt wurde), während gleichzeitig die neuen Vertriebsformen sich vehement entwickelten und heute den Markt beherrschen. Geholfen hat mir bei dieser Einsicht mein späteres Engagement im Handel bei Videotheken und Verleih. Da stand ich als Einkäufer ebenso tradierten Verkaufsgesellschaften von Videoprodukten gegenüber, die für mich beängstigend die gleichen Fehler machten wie ich vorher. Das habe ich natürlich weidlich ausgenutzt.

Atari Produkte in einem deutschen Quelle-Katalog von 1984/1985. Das Spiel Donkey Kong kostete damals 139,00 DM. (Bild: Quelle)
Atari-Produkte in einem deutschen Quelle-Katalog von 1984/1985. Das Spiel Donkey Kong kostete damals 139,00 DM. (Bild: Quelle)

Was wurde aus Ihren Arbeitskollegen und Freunden in der Branche? Gab es Leute, die weiterhin mit Videospielen zu tun hatten?

Atari verspricht Bildschirm-Spass für die ganze Familie. (Bild: Atari)
Atari verspricht Bildschirm-Spass für die ganze Familie. (Bild: Atari)

Seit 1982 war für den Produktbereich PC und Computerspiele verantwortlich David Evans, ein alter Freund, ebenfalls aus den Tagen bei WEA. Er hat seinen Job ganz hervorragend gemacht, stand aber dem ständigen Preisverfall durch Commodore ebenfalls hilflos ausgesetzt und stieg aus kurz vor der Übernahme durch Tramiel, um in die USA zu Apple zu gehen, wo er noch einige Jahre im internationalen Marketing gearbeitet hat. Ich besuchte ihn 1986 in San Francisco und wir verbrachten einige sehr nette Tage zusammen mit John Constantin, dem internationalen Produktchef von Atari. John ist heute Geschäftsführer der Elite Industrial Group in Oakland.

Mit Tony Bruehl (Atari International Vicepresident) und Dennis Groth (Chief Financial Officer Atari) in San Francisco verbindet mich noch heute eine enge Freundschaft. Tony hat seine eigene Beraterfirma und Dennis hat sich von seinen Abfindungen einen wunderbaren Weinberg bei Oakville in Napa Valley gekauft. Als ich ihn vor einigen Jahren besuchte, zeigte er mir stolz sein neues Verwaltungsgebäude. Wir beendeten den Tag mit der Verkostung einiger wunderbarer Weißweine. Hans-Ueli Haslers Schicksal habe ich bereits erwähnt und er wird mit Chance selbst einiges über die Atari-Aktivitäten dieser Zeit an diesem Ort berichten.

Werbung für Atari-Spiele. Ingesamt wurden ca. 500 Titel (!) für das VCS produziert. (Bild: Atari)
Werbung für Atari-Spiele. Ingesamt wurden ca. 500 Titel (!) für das VCS produziert. (Bild: Atari)

Meine jahrzehntelange Mitarbeiterin Bärbel Tomas, von der Telefonistin zu meiner Sekretärin bei WEA, dann Verwaltungschefin bei Atari, später Assistentin bei der Ollmann & Partner Unternehmensberaterin nahm ich sie schließlich mit zur edel music AG meines alten Freundes Michael Haentjes, wo sie noch heute sehr erfolgreich als Assistentin der Geschäftsleitung tätig ist. Eine Reihe von Vertriebsmitarbeitern konnte ich Ron Sommer, dem damaligen Chef bei Sony in Köln als Verkäufer unterbringen.

Renate Knüfer, meine liebe Pressechefin, ging zu Apple nach München und Herr Blödorn, mein Werbechef, begegnet mir manchmal auf Webseiten. Und unser Berater in Werbedingen, Frank Baesler, arbeitet heute als Herausgeber von Trainingshandbüchern für Adobe-Graphikprogramme.

Rolf Rehfeldt, der Vertriebschef der Atari, machte sich nach der Wiedervereinigung mit einer eigenen Vertriebsmannschaft in Ost und West selbstständig. Ich vermittelte ihm die Vertriebsrechte für SEGA im Osten. Noch heute passiert es mir, dass ich Leute treffe, die mich begrüßen als ehemalige Atari-Mitarbeiter. Ich gestehe dann, dass ich mich überhaupt nicht mehr erinnere. Vor einigen Jahren gab es in Hamburg auch mal ein Ehemaligentreffen.

Weiß Herr Ollmann etwas über das legendäre E.T.-burial?

Nichts Genaues. Ich glaube sogar, dass das ein Mär ist, die schon seit dem Misserfolg von E.T. durch die Branche geisterte. Ich habe bei meinem letzten Aufenthalt 2001 in San Francisco, als ich nach einer River-Rafting-Tour durch den Grand Canyon mit meiner Tochter Lara meinen alten Atari International Vizepräsidenten Anton Bruehl besuchte und einige Tage bei ihm wohnte, ihn darauf angesprochen. Er fing an zu lachen und meinte, das wäre eine Sage, die nicht auszurotten sei. Ich persönlich weiß nichts davon.

Waren nach dem Ende bei Atari alle Kontakte abgeschnitten, oder hat Klaus Ollmann noch etwas über die neuen Homecomputer, Lynx, Jaguar und Co. erfahren? Was war seine Meinung über diese Atari-Produkte?

Man muss sich vorstellen, wie abrupt mein Leben bei Atari abgeschnitten wurde. Ich wurde aus Sunnyvale kurz informiert, dass die Firma verkauft sei. Dann bekam ich ein Telex, das die Mitarbeiter in Scharen ausziehen unter Mitnahme aller möglichen Computer und Büromaterialien, also „Rette sich, wer kann“. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der neue Besitzer auf funktionierende internationale Gebilde verzichten wollte. Aber hätte ich Tramiel gekannt, hätte ich gewusst, warum er Atari gekauft hatte. Nicht wegen der Spiele, sondern weil er mit dem Deal seine Gegner bei Commodore ärgern wollte, die ihn ausgebootet hatten.

Eine Woche später holte ich den Tramiel-Beauftragten Mr. Harris vom Flughafen ab, ging mit ihm abends noch essen, holte ihn am Morgen vom Hotel ab. Kaum saßen wir in meinem Büro, der Kaffee war noch nicht gebracht, verlangte er, mit dem Controller zu reden. Ich sollte solange draußen warten. Nach 10 Minuten kam der Controller wieder raus und bat mich, nach Hause zu gehen.

Sie werden verstehen, dass mich die weitere Entwicklung der Produkte nicht mehr interessierte und die waren ja auch nicht mehr so erfolgreich. Das Unternehmen, das ich liebte, auf das ich stolz war und das ich aufgebaut hatte, gab es nicht mehr.

Alien VS. Predator auf einer Atari Jaguar Videospielkonsole von 1994. Das System basierte auf einem Motorola 68000 Prozessor. (Bild: Atari)
Alien VS. Predator auf einer Atari-Jaguar-Videospielkonsole von 1994. Das System basierte auf einem Motorola 68000 Prozessor. (Bild: Atari)

Ich bekam bald darauf meinen Ruf nach London, als Vizepräsident International für Europe, Middle-East and Africa (EMEA) für Warner Home Video und es begann eine neue aufregende Zeit. Unter anderem holte ich Hans-Ueli Hasler, der zwischenzeitlich zurück in Zürich war, wieder zurück zu Warner. Ich selbst warf Mitte 1986 bei Warner hin, weil ich endlich mal richtig Geld verdienen wollte und baute in Hamburg mit meinem alten Freund Hans-Hermann Pein die größte Videothekenkette vfs video film supermarkt in Norddeutschland auf. Aber um aus Irma la Douce zu zitieren: „Das ist eine andere Geschichte“.

Ich hätte gerne den Radio-Jingle, den RTL-Radio 1983 zur Centipede-Meisterschaft in NRW täglich abgespielt hat. Aber ich fürchte, da kann auch Herr Ollmann nicht weiterhelfen.

Da hat er Recht. Da kann ihm wohl keiner weiterhelfen. Ein Tipp vielleicht: Die Firma DDB (Doyle Dane & Bernbach) in Düsseldorf war damals unsere Werbeagentur, Herr Tony Eulenburg unser Kontaktmann. Vielleicht haben die ja noch den Jingle in ihrem Archiv.

Wurden die Atari-Spiele vorher von einer anderen Firma vertrieben? Auf den Anleitungen der ganz alten Spiele steht immer Atari VCS 800 und eine Firma namens Unimex.

Der Unimex Duplicator SP280 war ein Kassettenkopierer, der zum Vervielfältigen von Atari VCS Modulen benutzt werden konnte. (Bild: Unimex)
Der Unimex Duplicator SP280 war ein Kassettenkopierer, der zum Vervielfältigen von Atari VCS Modulen benutzt werden konnte. (Bild: Unimex)

Eine gute Frage. Unimex war eine Vertriebsfirma aus Wiesbaden, die sich kurzfristig die Vertriebsrechte für Atari-Produkte bei Warner für Deutschland gesichert hatte, nachdem Warner Atari gekauft hatte. Der Mann hatte eine gute Nase. Das Produkt wurde ihm aber wieder entzogen, nachdem die Atari GmbH gegründet war. Jahre später habe ich ihn verklagt, weil Herr Finta aus Ostasien einen Kassettenkopierer importieren wollte, der jede Spielkassette auf einen Rohling kopieren konnte. Diesen Prozess haben wir gewonnen und dann von Herrn Finta nie wieder etwas gehört.

Anmerkungen von André Eymann: der Unimex Duplicator SP280 wurde 1984 in Deutschland für 198,00 DM verkauft. Der Vertrieb erfolgte über die Unimex Unicom GmbH in Wiesbaden-Biebrich. Für den Bezug von „Leerkassetten“ wurde auf die Kaufhauskette Horten verwiesen.

Die folgenden Anzeigen zum Unixmex Supercharger mit der Überschrift „Unimex Super Show“ von 1984 wurden uns von Dr. Pong’s Praxis zur Verfügung gestellt. Sie zeigen neben dem Unimex Starpath SR 3000 auch das Unimex „Video Game Brain“ SP 3000, ein automatisches Cassettenwählsystem. Wir bedanken uns sehr herzlich für die Bereitstellung dieser Scans!

Wie viele Atari-Konsolen wurden in Deutschland verkauft?

Das kann ich heute nicht mehr sagen. Wie zuvor geschildert, erfolgte der Abschied von Atari abrupt und ich konnte, außer Privatsachen unter Aufsicht, keinerlei Information mehr aus meinem Büro mitnehmen. Aus dem Kopf weiß ich das heute leider nicht mehr.

Karikatur aus einer amerikanischen Zeitung über den Kauf von Atari durch Jack Tramiel. (Bild: Atari)

Hat er nach seiner Aktivität noch die Entwicklung von Atari verfolgt und wenn ja, was ist seine Meinung dazu?

Ich habe die Entwicklung nur am Rande verfolgt, denn man mag mich für hochnäsig halten, ich war und bin der Meinung, dass man aus der Unterhaltungsbranche und nicht von der Technik, die Faszination der Videospiele und Personalcomputer begreift und erfolgreich vermarkten kann.

Jack Tramiel war ein Technofreak, der von Marketing und Konsumentenbeeinflussung nichts verstand. Seine Commodore Computer warf er allein mit Preisdruck in den Markt. Er kaufte Atari nicht, weil er die Firma toll fand, sondern weil der Markenname weltweit berühmt und positiv besetzt war und weil er die Firma billig bekam. Für den berühmten einen Dollar. Seine Art, Mitarbeiter zu entfernen und Lieferanten zu verprellen, sowie sein persönliches Auftreten waren mir zuwider.

Bericht: Totgesagte leben länger, Teil 1. (Bild: Klaus Ollmann)
Bericht: Totgesagte leben länger, Teil 1. (Bild: Klaus Ollmann)
Bericht: Totgesagte leben länger, Teil 2. (Bild: Klaus Ollmann)
Bericht: Totgesagte leben länger, Teil 2. (Bild: Klaus Ollmann)

Ich hatte kein Interesse, seine Bekanntschaft zu machen oder seine Aktivitäten zu verfolgen. Jahre nach dem völligen Zusammenbruch der Videospiele im Jahre 1989 wurde mir die Frage gestellt, ob die damals neu auf den Markt kommende neue Videospielgeneration von SEGA und Nintendo denn überhaupt eine Chance hätten.

Ich war damals Mitherausgeber des VideoMarkt, einer Fachzeitschrift für den Videohandel. Ich habe meine Meinung damals in einem dreiseitigen Artikel klargemacht. Er spiegelt meine Meinung wider, die auch heute nicht erschüttert ist. Im Gegensatz zu vielen Protagonisten bester Grafik und fortschrittsgläubiger Techniker meine ich, dass ein gutes und begeisterndes Computerspiel nicht abhängt von Grafik oder Brutalität. Tetris ist einfachste Grafik und sehr sanft und ist doch eins der besten Spiele, die ich kenne.

Mein Lieblingsspiel Warlords, Atari 1981, Programmiert von Carla Meninsky, kann eine Gruppe stundenlang in Spannung halten und ist doch extreme Minimalgrafik. Es kommt also auf die Spielidee an. Und wenn Sie mich fragen, was eine gute Spielidee ist, kann ich nur Bob Daley zitieren, den damaligen Präsidenten der Warner Bros. Films, der mir auf meine Frage, was das Rezept für einen Blockbuster sei, antwortete: „Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier, sondern würde Geld verdienen“.

Ich bin heute stolz, dass wir es damals mit unseren Aktivitäten mit Atari geschafft haben, dass Fans von damals sich noch nach Jahrzehnten gerne an ihre Begeisterung von damals erinnern. Beinahe jeder, dem ich heute von Atari erzähle, reagiert staunend und voller Freude an seine eigenen Erinnerungen.

Diese Begeisterung veranlasst mich heute, meinen kleinen Beitrag dafür zu leisten, dass die Freude nicht aufhört und die goldenen Erinnerungen nicht verblassen.

Dieser Beitrag gehört zur Atari-History-Reihe bei Videospielgeschichten.

Dirk Bockstegers

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