Wer sich für die Vorfahren von Tablets, Next-Gen Konsolen oder Automatenspielen interessiert, sollte unbedingt einen Abstecher nach Oldenburg machen. Denn dort residiert das Oldenburger Computer Museum, dessen Besuch sich nicht nur zur Wissensvermittung anbietet.
Neben einer wunderbaren Heimcomputer-Ausstellung bieten die Macher jeden Monat die „OCM-Arcade“ an, bei der man nach Herzenslaune an klassischen Arcade-Automaten und Flippern spielen kann. Und das ist ein unvergessliches Erlebnis, bei dem die Zeit wie im Fluge vergeht.
Die Ausstellung ist in ihrer Art etwas Besonderes und hat eine überregionale Strahlkraft, denn eine solche Hands-on-Ausstellung gibt es bundesweit nur hier: Die Geräte sind immer funktionsbereit und mit Software ausgestattet; sie können – und sollen! – benutzt, erforscht und erlebt werden. Das OCM, das von engagierten Menschen ehrenamtlich betrieben wird, existiert seit November 2008. Am 10. November 2009 wurde der Verein Oldenburger Computer-Museum e.V. gegründet, der als gemeinnützig anerkannt ist.
Wir haben das Museum neulich besucht und ein Interview mit dem 1. Vorsitzenden über das OCM gemacht. Dabei durften auch ein wenig hinter die Kulissen blicken.
Interview vom 11. März 2015
Hallo Thiemo, was mich am meisten bei unserem Treffen im OCM beeindruckt hat, ist die spürbare Leidenschaft mit der Du Dein Vorhaben betreibst. Woher kommt dieser Enthusiasmus?
Zum einen sicher durch die Begeisterung für die von uns ausgestellten Systeme, sicher aber zum größeren Teil durch die Reaktionen, die Begeisterung unserer Besucher. Ich hätte anfangs nicht gedacht, dass eine Ausstellung technischer Geräte so viele und intensive Emotionen auslösen wird. Das spornt mich enorm an.
Ich hatte mit 13 Jahren einen ZX81, statt des gewünschten C64, von meinen Eltern bekommen. War Deine Heimcomputer-Kindheit von Mangel oder eher von großzügiger Ausstattung geprägt?
Das kann ich nicht klar beantworten. Ich hatte selber nicht viele Computer zu der Zeit, konnte mir aber von einem Nachbarn, der mit den Geräten handelte, hin und wieder welche ausleihen. Das waren ein Tandy Color Computer, ein EACA Colour Genie, ein TI 99/4A – also nicht die Gassenhauer, für mich als Grundschüler aber faszinierende Geräte. C64 oder Atari 800 XL kannte ich nur aus dem Warenhaus oder war bei Schulkameraden zum spielen.
Später bekam ich dann einen Schneider CPC6128 mit Grünmonitor – und war immer noch bei Schulkameraden mit C64 zum spielen. Danach, 1989, war es dann ein Commodore Amiga 500 den ich 1991 zu Beginn meiner Ausbildung gegen einen „seriösen“ 486er aufgab. Ich hatte selber also nur zwei eigene Computer zu der Zeit.
Nenne uns doch bitte zwei Deiner Lieblingsvideospiele.
Zu der Zeit hat mich Little Computer People besonders fasziniert. Ein beispielloses Spiel, denn es hatte kein Ziel, keine Scores, keine Level. Es ging nur darum den kleinen Bewohner im Haus bei Laune zu halten. Häufig habe ich das Spiel morgens vor der Schule gestartet, um dann Mittags den kleinen Mann wieder mit Wasser und Nahrung zu versorgen.
Ich habe mich auch lang und viel mit Adventures auseinander gesetzt, da mich diese offenen Welten, das Tüfteln, die Rätsel und die Geschichten gefesselt haben. Titel, die ich in dem Zusammenhang nennen möchte, sind Déjà Vu (ICOM Simulations, 1985), Guild of Thieves (Magnetic Scrolls, 1987) und The Secret of Monkey Island (Lucasfilm Games, 1990).
Ihr bietet euren Besuchern neben der Ausstellung von Heimkonsolen, Arcade-Automaten und klassischen Heimcomputern auch praktische BASIC-Einführungen an. Welche Themenschwerpunkte sollen weiter ausgebaut werden und welche Ideen habt ihr dafür?
Die von Dir genannten Themen sind in der Tat unsere Schwerpunkte. Weitere werden durch Interessen unserer aktiven Mitglieder geprägt: Wer einen tollen Vorschlag für einen Thementag oder eine Sonderausstellung hat, kann diese bei uns durchführen. Darüber hinaus haben wir nun auch unsere Mini-Computer zum Leben erweckt. So können unsere Besucher nun auch sehen, wie an Systemen vor der Heimcomputerzeit gearbeitet wurde. Eine digital PDP-8 und zwei PDP-11 stehen funktionstüchtig in unseren Räumen.
Welcher Heimcomputer liegt Dir besonders am Herzen?
Das ist ganz sicher mein letzter, der Commodore Amiga 500. Es waren die für mich besten Spiele, die Möglichkeiten Musik zu machen mit dem Soundtracker und vor allem die grafischen Möglichkeiten mit Deluxe Paint, die meine Erfahrungen mit diesem System zu den besonderen machen.
Euer „Backlog“ an Hardware ist beachtlich. Was in euren Lagern schlummert bietet eine Menge Potential. Habt ihr vor auch daraus neue Ausstellungsinhalte zu entwickeln?
Ja. Wir sind immer noch dabei die Umzugskartons nach unserem Lagerumzug im Frühjahr 2014 zu sichten. Hier kommen sicher noch einige Exponate zutage, die wir in die Dauerausstellung integrieren werden. So wächst unsere Ausstellung und wiederkehrende Besucher entdecken immer etwas Neues. Auch das Potential für viele Sonderausstellungen mit Bezug auf Firmen oder Nutzungsarten ist vorhanden. So fallen mir spontan die Themen: Mobile Computing, Apple Computer, Silicon Graphics 3D-Rechner, Rechenmaschinen oder der Wandel der Textverarbeitung ein.
Bekommt ihr viel Feedback zu eurem Museum? Teilen euch die Besucher ihre Eindrücke und vielleicht sogar Verbesserungsvorschläge mit?
Durch den sehr direkten Kontakt zu unseren Besuchern bekommen wir sehr viele Rückmeldungen zu unserem Museum. Die Menschen erkennen und würdigen den Enthusiasmus, mit dem jedes aktive Mitglied bei der Sache ist. Die Aufopferung für das Projekt. Aber auch die Art der Ausstellung und teils die Verwunderung darüber, dass alles funktioniert und wir die Besucher uneingeschränkt an die Exponate lassen kommt häufig zur Sprache. Über kleine Umfragen auf facebook bekommen wir auch hin und wieder Verbesserungsvorschläge.
Zum Beispiel?
Beispielsweise den Wunsch nach bestimmter Software für dies oder das Exponat oder das wir unser Lager, das Depot, für Besucher zugänglich machen sollen.
Das OCM ist eine großartige Teamleistung, die von vielen engagierten Menschen getragen wird.
Thiemo Eddiks
Was würdest Du mit einer spontanen Zuwendung von 10.000 Euro für das Museum sofort umsetzen?
Uh, das ist schwer zu sagen. Ganz spontan würde ich sie auf das Vereinskonto legen um uns eine gewisse Sicherheit für die Mietkosten zu geben. Vielleicht ein wenig davon in die Außenwerbung und Beschilderung am und im Gebäude investieren.
Wenn Du Dein persönliches Wunsch-Ziel mit dem OCM in einem Satz zusammenfassen wolltest: welcher wäre das?
Es soll so lange wie möglich bestehen und so lange wie möglich die Computer und -spiele der 1970er, -80er und 90er im Originalzustand, funktionierend, zeigen.
Zum Abschluss möchte ich herausstellen, dass es sich um eine großartige -rein ehrenamtliche- Teamleistung handelt. Dass die Idee des OCM von vielen engagierten Menschen zur jetzigen Größe getragen wurde. Das wir uns über weitere Mitglieder und Helfer freuen.
Vielen Dank Thiemo, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast und weiterhin viel Erfolg für euer Museum!
Fotogalerie
Weiterführende Informationen
Offizielle Webseite – Oldenburger Computer Museum
Oldenburger Computer-Museum e. V.
Bahnhofsplatz 10
26122 Oldenburg
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