Mit meinen für dieses Alter schon profihaften Programmierkenntnissen in Basic machte es mir unheimlichen Spaß, andere Leute zu beeindrucken. Gleichzeitig störte mich auch, dass es für den C64 immer so viel Angebot gab, während die tollen Ataris im Kaufhausregal standen und nicht beachtet wurden, weil keiner wusste, was man damit so machen kann.
Zum Glück standen im Kaufhaus die Rechner auch aufgebaut und an Fernseher angeschlossen herum. Man konnte also einfach hingehen und etwas eintippen.
Natürlich war kein Floppylaufwerk angeschlossen, aber das war erstmal egal. Später fand ich übrigens auch heraus, warum das so war: Sobald ein Laufwerk angeschlossen wurde, fingen irgendwelche Leute an, ihre Raubkopien zu laden und zu spielen. Diese Spiele waren dort gar nicht käuflich erhältlich und das bedeutete für das Kaufhaus gleich zweifachen Ärger: Einerseits weil man öffentlich Raubkopien zeigte und andererseits, weil die Kunden dann heiss auf die tollen Spiele wurden, die man im Kaufhaus aber gar nicht kannte, geschweige denn verkaufte.
Ich ging also gerne dorthin und fing an, auf den 600XL oder 800XL Rechnern innerhalb kürzester Zeit, also zwei bis drei Stunden, ein kleines Spiel zu programmieren. Die Verkäufer fanden das zuerst nervig, weil wieder so einer den Computer stundenlang blockierte. Immer diese Kids, die nix anderes zu tun haben, als den ganzen Tag hier herumzuhängen und sinnloses Zeug zu machen. Die machen uns noch den Computer kaputt, die vertreiben uns noch die Kunden!
Computer aus, Speicher gelöscht, alles Futsch. Neuer Tag, neues Spiel.
Yoda Zhang
Als sie dann aber sahen, dass da ein echtes Spiel bei rauskommt und das auch noch die Kunden zieht, wurde nix mehr gesagt. Das ging sogar so weit, dass ich irgendwann versuchte, die Spieleprogrammierung an bösen fremden Computern, wie dem Commodore VC 20, zu lernen. Das klappte teilweise sogar, aber mit dem Ding habe ich mich nie richtig anfreunden können. Der Atari war da einfach freundlicher. Obwohl der VC 20 ja immer noch weniger schlimm war als der C64, der sogenannte Brotkasten. Aber dazu später mehr.
Schade war dann nur, dass diese Spiele nie abgespeichert werden konnten, da ja kein Laufwerk angeschlossen war. Spätestens wenn ich also gehen musste und irgendein Volltrottel den Computer mal eben aus- und wieder einschaltete, war das mühsam kreierte Werk wieder gelöscht. Es gab ja keine Festplatte oder sowas.
Computer aus, Speicher gelöscht, alles Futsch. Neuer Tag, neues Spiel.
Bildergalerie



Weiterführende Links
- Computerfieber – Die neue Lust im deutschen Familienalltag, Dokumentation von Thomas Schadt, Andreas Welser, NDR 1984 auf You Tube
- Heimcomputer auf dem Vormarsch, BR Dokumentation auf You Tube
- Computer in der Konsumgesellschaft und in den Bildungsdebatten der 1980er-Jahre, Zentrum für Zeithistorische Forschung
- Kaufhauscomputertage, Gastbeitrag von André Eymann auf Zockwork Orange
Buch: Level 2 – Splat, Kapitel 1, Seite 49
GULP SPLAT ZONG – DAS BUCH
Dieser Text ist Yodas Buch „Gulp Splat Zong“ entnommen.
Dank seiner Lektüre werden wir nicht nur in die ersten Sternstunden der Arcade-Automaten in Deutschland zurückversetzt, sondern erinnern uns an Atari VCS Klassiker wie Haunted House und an das schier endlose Abtippen von BASIC-Listings in den goldenen Tagen der Heimcomputer. Bei uns könnt ihr verschiedene Texte von Yoda lesen; sein Buch in gedruckter Form könnt ihr direkt auf seiner Webseite erwerben.
Wir versprechen: es lohnt sich!
Schreibe einen Kommentar