So ist das eben, wenn man einen lange auf die Bank geschobenen Termin endlich wahrnimmt. Man fährt in die Hauptstadt, mit der Absicht endlich einmal das Computerspielemuseum zu besuchen, und dann passiert es. Begeisterung! Und die Frage, warum war ich nicht schon früher hier?!?
„Berlin ist eine Reise wert.“ – dieser Slogan aus den 1950er Jahren ist weithin bekannt. Für Liebhaber von Computerspielen und betagter Hardware aber bekommt er – durch die Bemühungen von Andreas Lange (Direktor) und seinem Team – eine gänzlich neue Bedeutung.
Von der Gründung des Museums im Jahre 1997 bis heute sind mittlerweile 20 Jahre vergangen. Zwischendurch ist viel passiert. Das Museum musste sich von 2000-2011 mit einer Online-Ausstellung begnügen, konnte aber seit dem 21. Januar 2011 in das ehemalige Café Warschau einziehen, wo es seitdem residiert.
Der erste Blick auf die Fassade des CSM’s macht einen soliden Eindruck. Ein stattliches Portal begrüßt den Besucher und ein freundlicher Empfang verschafft gute Stimmung. Gleich neben der Kasse gibt es einen kleinen Museums-Shop, in dem jeder Gamer sicher passende Devotionalien findet. Sehr zu empfehlen sind die Ausstellungsposter, die immer wieder zu den wechselnden Themenschwerpunkten gestaltet werden, aber auch Literatur von Winnie Forster (Gameplan.de) oder schmucke T-Shirts, Tassen und Caps gibt es zu kaufen.
Zu Beginn der Ausstellung begrüßten mich bekannte Gesichter auf der „Wall of fame“. Ralph Bear (Erfinder der ersten Videospielkonsole), Nolan Bushnell (Gründer von Atari) oder Hideo Kojima (Ex-Vizepräsident von Konami). Alle waren sie schon da. In Berlin. Im CSM. Bei Andreas Lange. Welch eine Ehre!
Man darf auch sofort spielen: in aufgeräumten Räumen stehen Konsolen wie das SEGA Master System bereit und bieten beispielsweise California Games zum Ausprobieren an. Endless Summer im grauen Berlin. Schön, dass man hier Platz und Zeit zum Zocken hat.
Das „kubische“ Konzept der Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Computer- und Videospiele chronologisch. Wobei das Museum – schon allein aufgrund der Fläche – natürlich nicht alle Aspekte der Geschichte erfassen kann. Das macht aber gar nichts. Der rote Faden ist dennoch überaus gelungen. Die angebrachten Lesetafeln gefielen mir sehr gut, weil sie nicht überladen sind und Fotos oder Videos zur medialen Ergänzung anbieten.
Immer wieder wird auch der gesellschaftliche Kontext („Das Fernsehen im Kreis der Familie“) eingebaut. Und ganz oft stehen Joysticks bereit, die einen auffordern, das jeweilige Spiel oder Thema interaktiv zu begreifen.
Auch über die Begegnung mit dem glitzer-grünen „Computer Space“ Automaten, der tatsächlich direkt aus der Zukunft der 1960er Jahre zu kommen scheint, habe ich mich sehr gefreut. Zwar ist dieser nicht bespielbar, aber das Gerät einmal in Lebensgröße zu sehen, ist schon etwas Besonderes. Immerhin war der von Nolan Bushnell erfundene Automat das erste münzbetriebene Arcade-Spiel der Welt.
Auf der rechten Seite des Mittelgangs wird die Historie der Heimcomputer und Konsolen in hellgrünen, verglasten Schaukästen dargestellt. Alle wichtigen Exponate sind zu finden: Commodore PET, Apple Macintosh, C64, Atari 600 XL oder ZX Spectrum. Vereinzelt aber auch seltenere Stücke wie das Tele-Fever, den Tandy TRS-80 oder LCD-Spiele von Mattel. Hier ist Anfassen allerdings nicht erlaubt. Wer das möchte, sollte einmal im Oldenburger Computer Museum von Thiemo Eddiks vorbeischauen. Dort ist das praktische Ausprobieren von Heimcomputern ausdrückliches Konzept.
Nächste Tür rechts geht es in die Arcade. Arcade? Jawoll, das Museum beherbergt seine eigene kleine Videospielhalle! Damit hatte ich nicht gerechnet und war umso erstaunter, wie kuschelig es dort ist. Der zeitgemäß neon-beleuchtete Raum lädt zu SEGAs Hang-On, Frogger, Gauntlet und vielen anderen Automaten ein. Durch die Enge der Arcade kommt schwitzig-authentisches Spielhallengefühl auf. Wunderbar.
Authentizität ist auch das Stichwort für die im hinteren Bereich des Museum nachgebildeten Kinder- und Jugendzimmer, welche die 70er, 80er oder 90er Jahre stilecht abbilden. Ob Pong-Konsole mit Spiraltapete, C64 samt Heimtrainer oder SNES mit Kassetten Karussell. Alles wie damals. Und wenn man sich dort hinsetzt überkommt einen schon ein bewegendes Gefühl. Als würde man sich in einer Zeitmaschine befinden und noch einmal 13 Jahre alt sein.
Was mir als Kind der Heimcomputerzeit besonders gut gefällt, ist die Möglichkeit in alter Literatur zu blättern. Computer-Listings („Das Grab des Pharao“) hängen aus und Exponate wie die TeleMatch bieten sich zum Stöbern an. Auch hier wird wieder darauf geachtet, das gesamte gesellschaftliche Umfeld der Computerspiele zu erfassen.
Fazit
Das CSM ist unbedingt eine Reise wert und sollte bei einem Berlin-Besuch eingeplant werden. Es bietet einen anregenden und abwechslungsreichen Abriss der Video- und Computerspielgeschichte und viele Momente zum Interagieren. Man sollte ruhig etwas Zeit mitbringen, um alle Aspekte des Museums zu genießen. Es lohnt sich!
Internet
- Offizielle Homepage: Computerspielemuseum
- Das CSM bei Twitter: @CSM_Berlin
Adresse
Karl-Marx-Allee 93a, 10243 Berlin
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